Es regnet. Hastig und geschwind stakse ich in meinen gelben Aigle Gummistiefeln durch den Garten. Ich bin leicht genervt und gestresst. Ich finde meinen Hausschlüssel für den Haupteingang nicht und hätte schon vor zehn Minuten losfahren müssen. Stattdessen sind wir eingeschlossen und ich habe jede erdenkliche Ecke nach diesem doofen Schlüssel abgesucht. Ilay und Lou bereits in den warmen Jacken eingepackt, warten - alleine! Deshalb bin ich in Eile. Durch den hinteren Hauseingang gelange ich zum Glück - eben mit dem Umweg durch den Garten - zum Auto, wo ich den Hausschlüssel vermute. Voilà, da ist er und endlich kann ich die Kiddos einladen und zum Termin fahren.
Solche und ähnliche Situationen gehören irgendwie zu meinem Leben und zur Zeit unter längerem Schlafentzug und mit dem ganzen Hormon-Triri-Trara irgendwie schon fast zur Tagesanordnung. Drum auch ein Zeichen für mich - abschalten, runterfahren, weggehen.
Ohja, in unregelmässig regelmässigen Abständen brauchen und nehmen wir sie. Die Zeit zu zweit.
Ich denke mit Kiddos ist die Gefahr gross sich auseinanderzuleben ohne es wirklich zu bemerken. Wie ich dieses Wort verachte "a u s e i n a n d e r leben". Da schwingt die "Huch-jetzt-haben-wir-uns-aber-plötzlich-auseinandergelebt-und-dabei-haben-wir-doch-gar-nichts-getan-excüsi-Ausrede" mit. Ja eben, "gar-nichts-getan"! Ich habe einen Riesenrespekt davor, dass dies plötzlich (oder eben nicht plötzlich) auch bei uns eintreffen könnte.
Und ich kämpfe, ja wir kämpfen darum es zu schaffen. Wir möchten in 60 Jahren noch immer zusammen lachen und uns lieben - uns mögen und verstehen. Aber von nichts kommt nichts und den Kindern Schuld geben, das geht auch nicht. Denn verantwortlich sind alleine wir. Ich bin ein Feind des ewigen Trotts sprich möchte, dass der Alltag sich eben nicht wie alle Tage anfühlt und genauso bin ich das bei uns. Weshalb nicht einmal einen Knoten ins Pijama des andern knoten? Weshalb nicht einfach mal von sich aus sagen: "Ich liebe dich!" obwohl der andere es doch einem schon lange nicht mehr gesagt hat.
Herrje, dies soll kein Eheberatungs-Blog-Post werden, aber es hat so mit mir rumgeschrieben und plötzlich stand da dieser Text ;).
Eben. Zeit zu zweit. Vergangenes Wochenende verbrachten wir diese im Venedig von Frankreich: Annecy. Wie immer freute ich mich ab Buchungsklick ins Unermessliche. Ich forstete durch Blogs, sondierte Shops und gute Essensadressen und freute mich wie ein kleines Kind auf dieses Wochenende. Ich malte mir aus wie wir unsere Zeit verbringen könnten. Was wir besichtigen und unternehmen würden und ich freute mich aufs Nachschlafen (wobei ich sagen muss, dass wir nicht ganz zu zweit waren - Ilay kam mit uns). Ich packte all meine ungelesenen noch immer eingeschweissten Annabelle-Magazine (ja, das stresst im Fall) und Bücher, welche ich sowieso schon lange lesen wollte. Als ich die gepackte Tasche betrachtete, wurde mir bewusst, dass wohl nicht mal einen ganzen Monat Ferien ausreichen würde diesen Lesestoff zu bewältigen.
Endlich gepackt (das Auto sah auch eher so aus, als würden wir einen Monat verreisen) gings los. Nach zwei einhalb Stunden Fahrt - Annecy befindet sich unweit von Genf entfernt - waren wir da. Pittoreske Häusschen reihten sich aneinander an und bildeten wohl eines der romantischsten Städtchen, das ich je gesehen habe. Die autofreie Flanierzone brachte mir ein heimisches (ich liebe die Altstadt in Burgdorf) Gefühl.
Unser airbnb-Apartment, das ich dir wärmstens weiterempfehlen kann, befand sich inmitten dieses ganzen Geschehens - wirklich gleich in der Flaniermeile (zum Leidwesen meines porte-monnaie, denn in dieser Strasse befinden sich unzählige Shops :). Das Apartment versprach, was es auf den Bildern zeigte. Das Haus stammte aus dem 17. Jahrhundert und ich fühlte mich in diesen Gemäuern irgendwie très fançais!
Aber auch die Strassen, das Leben, die Leute, die Sprache, das Lachen, die Mimiken, die Sonne, die Architektur - ja es tat einfach gut so wenig weit weg sich ganz weit weg zu fühlen. Hier ein kleiner Weekend-Auszug...
BOSTON CAFÉ
Ja, da geb ich mit Tripadvisor die Hand ins Feuer. Im Boston Café hab ich mein bestes Chai Latte ever genossen. Sorry, aber da kann Starbucks einpacken). Dazu den leckeren Salate Niçoise (mmmhhh Kafi und Salat?!) und Mäni entschied sich für einen dieser feinen Wraps.
ETAM
Ohja, endlich fand ich es. Das Täschchen, welches einfach très chic ist. Nicht zu gross um sich einen ewigen abzusuchen, wenn das Handy klingelt und nicht zu klein, so dass das Klingel-Ding immer noch seinen Platz findet.
MEYER - LE CHOCOLATIER D'ANNECY
Mmmmh, im Schaufenster haben wir sie entdeckt. Unübersehbar. Les Macarons! In allen erdenklichen Farben strahlten sie uns entgegen und die ganz ganz ganz grossen habens uns besonders angetan. Am Freitag probiert, am Samstag verfallen und am Sonntag siegte die Vernunft. Nebst den 1000end Kalorien kosteten zwei solcher Dinger nämlich auch satte 7.00 Euro.
LA MAISON DU MONDE
Einer meiner Lieblingsshops was die Begehren für Schönes im Haus anbelangt. Schöne Gläschen und Väschen, Lampen und Tisch-Stöffchen und alles mit einem Twist Froncraichsch.
MARKT AM SONNTAG
Jeden Sonntag findet im Altstädtchen ein Markt mit frischestem Gemüse, Früchte, Würste, Süsswaren, Käse und Feinem statt. Das Getümmel der Leute war ein Mischmasch aus Einwohnern und Touristen, die diesen Gaumenfreuden fröhnten und sich tüchtig für ein reichgedecktes Tischlein eindeckten.
Sehr untypisches Dby-Bild...
LAC D'ANNECY
Zum krönenden Abschluss spazierten wir der romantischen Seepromenade entlang. Die Sonne wärmte unsere Gesichter und unsere Herzen waren gefüllt mit Freude und Friede.
Ja, das klingt toll und die Bilder machen den Anschein, dass alles so wunderbar perfekt schön war. Ja, es war ein wunderschönes Wochenende mit Mäni. Und lehrreich. Die Zeit zu zweit war zu kurz und es reichte längstens nicht für alles. Ich realisierte, dass mit allem was wir uns vornahmen und wollten (erholen, Zeit zu zweit, shoppen, spazieren, lecker essen gehen, nachschlafen, lesen) es auch da galt Prioritäten zu setzen, sich aber auch darüber zu unterhalten, ja was will der andere. Ja, es gab in einigen Punkten Diskussionspotenzial und ich musste irgendwie darüber lachen, dass ich nach sieben Ehejahren meinen Mann in gewissen Dingen noch immer besser kennen lernen darf und hoffentlich mein Leben lang. Und ich bin froh, empfahl mir mein liebes Gotti das folgende Buch.
Ich bin nun mit der Einleitung durch. Es geht darum, dass wir alle in einer eigenen Sprache (Muttersprache) aufgewachsen sind und alle anderen Sprachen sich wie Fremdsprachen anfühlen, die wir erlernen müssen, damit wir uns verstehen.
Ob in der Ehe oder sonst in Beziehungen in unserem Leben, uns allen würde das Erlernen der Sprachen der anderen ganz gut tun. Es gäbe mehr Verständnis, Liebe und Frieden.
In tiefer Anteilnahme und Gedenken an die Trauernden der Geschehnisse in Paris schliesse ich diesen Blog-Post.